The best things in life are free
Normalerweise funktionieren Läden in kapitalistischen Gesellschaften so: auf der einen Seite gibt es KundInnen, die dem Laden Geld für Dinge zahlen, die sie dort kaufen. Auf der anderen Seite steht der Laden, der bei ProduzentInnen für einen Teil dieses Geldes Dinge kauft, um sie im Laden verkaufen zu können - und damit Profit zu erwirtschaften.
Umsonstladen in Freiburg
Seit Ende Oktober gibt es auch in Freiburg einen Umsonstladen. Der funktioniert etwas anders: Menschen, die Dinge nicht mehr brauchen, bringen diese in den Laden, und Menschen, die die Dinge, brauchen, die es im Laden gibt, nehmen sie mit. Das hat mehrere Vorteile: Sachen, die noch gut sind, selbst nicht mehr gebraucht werden, aber zu schade dazu sind, weggeworfen zu werden, können von anderen weiterverwendet werden. Und Menschen, die sich Dinge in herkömmlichen Läden kapitalistischer Organisationsform nicht leisten können, finden hier das eine oder andere, was sie brauchen können. Oder sie finden Dinge, die es in herkömmlichen Läden nicht gibt, weil der Bedarf dafür nicht da zu sein scheint. Und nicht zuletzt wird mit dem Umsonstladen ein Stück Alternative zur Verwertungslogik etabliert. Wie das seit drei Monaten laufende Experiment zeigt, funktioniert das erstaunlich gut.
Die nächste Frage ist jetzt meistens: Und wie finanziert sich der Umsonstladen? Die beiden größten Ausgabenposten sind in diesem Fall weggefallen: für die in der KTS genutzten Räumlichkeiten muss der Laden keine Miete zahlen, und weil alle, die dabei mitmachen, das aus freien Stücken und umsonst tun, fallen auch keine Personalkosten an. Und da keine Sachen eingekauft werden müssen - die werden ja so gebracht - fallen auch die Einkaufskosten weg. Für alles, was es sonst noch an Ausgaben gibt, werden Spenden gesammelt. Oder anders gesagt: ein Laden ohne kapitalistisches Prinzip.
Wer jetzt Lust darauf bekommen hat, sich den Laden selbst mal anzuschauen oder zu nutzen, kann dies gerne tun. Geöffnet hat der Umsonstladen Freiburg bisher einmal pro Woche, immer donnerstags von 16 bis 20 Uhr. Der Laden ist in der KTS (Basler Str. 103) im Obergeschoss untergebracht und mit dem Bus 12 (Pressehaus) erreichbar. Angenommen - und damit auch zum Mitnehmen bereitgestellt - werden Bücher, Kleidung, Büromaterial, Besteck, Geschirr, Kleingeräte etc., also alles, was eine Person leicht transportieren kann. Wichtig ist, dass die Dinge noch funktionsfähig und gut erhalten sind. Dann gibt es noch die Drei-Teile-Regel: Mitgenommen werden dürfen pro Öffnungstag prinzipiell nur drei Gegenstände. Damit soll verhindert werden, das FlohmarkthändlerInnen den Laden als billige Einkaufquelle nutzen. Außerdem ist mit dieser Regel die Idee verbunden, dass nur genommen werden soll, was auch wirklich gebraucht wird. Dementsprechend sind häufig Menschen im Laden zu finden, die sich schwer damit tun, abzuwägen, ob ein neuer schicker Pullover oder ein Kochtopf für sie wichtiger sind. Schließlich noch wichtig: der Umsonstladen ist kein karitatives Projekt, wo Bedürftige Almosen bekommen. Jede und jeder kann hier hinkommen und Dinge mitnehmen und hinbringen, ganz unabhängig davon, ob er oder sie bedürftig ist, etwas gegen den globalen Kapitalismus hat oder einfach nur mal schauen will.
Wie soll es weitergehen?
Die Umsonstladengruppe - die zur Zeit aus etwa zehn Aktiven mit ganz unterschiedliche Hintergründen besteht - hat sich im April letzten Jahres nach einem Vortrag im Strandcafe über ähnliche Projekte in anderen Städten zusammengefunden. Der Laden wird bis jetzt sehr gut angenommen. Wir würden allerdings gerne die Öffnungszeiten ausweiten; dazu wäre es gut, wenn noch mehr Menschen aktiv mitmachen. Wer Interesse daran hat, kann sich einfach während der Öffnungszeiten im Laden melden oder so Kontakt aufnehmen (siehe Kasten). Die einzige mit dem aktiven Mitmachen verbundene Verpflichtung ist es, einmal im Monat am Ladenplenum teilzunehmen und bereit zu sein, nach eigener Zeit und Lust Schichten im "Ladendienst" zu übernehmen.
Ausgeweitet werden soll das Umsonstladenkonzept aber auch inhaltlich. Angedacht ist die Erweiterung um weitere ähnliche Projekte (Gratis-Lebensmittel? Umsonst-Konzerte? Freie Selbsthilfewerkstatt?). Ein weiterer Schritt wäre auch der freie Austausch von Tätigkeiten zwischen den in diesen Projekten Mitmachenden. Angedacht ist auch die Idee "Schafft ein, zwei, viele Umsonstläden": im Prinzip kann jede und jeder mit einem ungenutzten Raum (Garage, Keller, …) den eigenen Umsonstladen für die Nachbarschaft oder den jeweiligen Stadtteil aufmachen - was auch insofern gut wäre, weil die Räume des Umsonstladens in der KTS schon fast zu klein werden. So könnte ein Netzwerk von Umsonstläden und ähnlichen Projekten in Freiburg entstehen. Es bleibt also spannend!
(c) Till Westermayer, Januar 2004.
Veröffentlicht in: u-asta-info 712, 29.01.04, S. 7.