Das Kleingedruckte

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Zitierweise
Till Westermayer (1997): Kurzdarstellung der Umfrageergebnisse (zur Hausarbeit im Seminar 'Strassen und Strassenverkehr', Institut für Soziologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau.) [http://www.westermayer.de/till/uni/kurzf.htm].

Kurzdarstellung der Umfrageergebnisse

Der folgende Text fasst die Ergebnisse einer Fragebogenaktion zusammen, die ich in mehreren Netzgruppen zu verschiedenen Fragestellungen aus dem Bereich Verkehr durchgeführt habe. Derzeit arbeite ich an einer Hausarbeit für das Seminar 'Strasse und Strassenkultur' am Institut für Soziologie der Uni Freiburg, die auf dieser Umfrage beruht und versucht, verschiedene Sichten auf Strassen, Strassenverkehr und die Verkehrsproblematik allgemein anhand unterschiedlicher Einbindung ins Verkehrssystem zu erklären.

1. Allgemeines zur Umfrage

Der Fragebogen wurde am 20./21.6.1997 in folgenden Diskussionsforen in verschiedenen Computernetzwerken veröffentlicht (in Klammern jeweils die Anzahl der Antworten): cl.verkehr.allgemein, cl.verkehr.diskussion (zusammen 14), maus.mobil (15), maus.umwelt (13), de.soc.verkehr (7), de.soc.umwelt (7), de.rec.motorrad (14) sowie de.rec.fahrrad (15). Ein Teilnehmer des Diskussionsforums de.rec.fahrrad schickte den Fragebogen darüber hinaus weiter an die ADFC-Mailingliste, so daß auch von dort Ergebnisse (nämlich 25) eingingen. Insgesamt wurden bis zum 23.7.1997 über hundert ausgefüllt Fragebögen an mich zurückgeschickt, die zum allergrößten Teil auch verwertbar waren. Einige TeilnehmerInnen hatten allerdings auf jegliche Angabe von demographischen Daten verzichtet oder nur die ersten paar Fragen beantwortet. Diese - wenigen Fragebögen - konnten nicht berücksichtigt werden.

In einigen Antworten wurde außerdem der Verdacht geäußert, daß diese Umfrage der Marktforschung diene oder prinzipiell das Internet als Übertragungsweg als zu unsicher für vertraulich zu haltende Daten erscheine. Letztendlich konnten 110 Fragebögen verwertet werden.

Alle Antworten wurden halb-automatisch (das verwendete Programm hatte noch einige Macken _) in Fragenteil einerseits und Absenderkopf und Anmerkungen andererseits getrennt, extrahiert und aus der Nachrichtendatenbank gelöscht, um so ein möglichst hohes Maß an Datenschutz zu garantieren und eine Zuordnung zwischen Fragebögen und NutzerInnen unmöglich zu machen. Der Fragebogenteil wurde in das Programm SPSS für Windows übertragen und dort ausgewertet.

2. Sozialstruktur der UmfrageteilnehmerInnen

Die TeilnehmerInnen der Umfrage wurden nach den Merkmalen Alter, Geschlecht, Wohnort und nach dem höchsten bisher erreichten Bildungsabschluß befragt. Die Auswertung dieser Merkmale erbrachte folgende Ergebnisse: Das Durchschnittsalter der Befragten beträgt 32,2 Jahre und variiert zwischen 19 und 57 Jahren. Die überwiegende Mehrheit der zurückgesandten Fragebögen kam von Männern (89,1%), Frauen stellten nur einen Anteil von 10,9%.

Das Merkmal Wohnort wurde sowohl über eine Nominalskala (Dorf - Gemeinde/kleinere Stadt - mittlere bis große Stadt - Vorort einer Großstadt - Großstadt) als auch über die geschätzte Einwohnerzahl des Wohnorts erfaßt. 10,0% gaben an, in einem Dorf zu wohnen, 16,4% bezeichneten den Wohnort als Gemeinde oder kleinere Stadt, 27,3% gaben an, in einer mittleren bis großen Stadt zu wohnen und 30,0% gaben 'Großstadt' als Antwort an. Die verbleibenden 16,4% wählten die Kategorie 'Vorort einer Großstadt'. Wurde dagegen die angegebene Bevölkerungszahl des Wohnorts in Kategorien zusammengefaßt, ergab sich ein etwas anderes Bild: 19,4% wohnten demnach in Orten mit unter 10.000 EinwohnerInnen, 31,5% in Orten mit unter 100.000 EinwohnerInnen, 34,5% in Orten mit unter einer Million EinwohnerInnen und 14,8% in Städten ab einer Million. Subjektive Einschätzung des Wohnorttyps und objektive Wohnortgröße liegen also teilweise deutlich auseinander. Insbesondere wurden Städte mit über 100.000 EinwohnerInnen, die damit offiziell als Großstädte gelten, von den Befragten häufig nicht als solche eingeordnet.

Für 56,2% der Befragten stellte der Wohnort zugleich den Arbeitsort dar, 43,8% pendelten. 60% der Befragten (74% davon PendlerInnen, die restlichen Entfernungen beziehen sich auf innerstädtische Wege) machten Angaben zur Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz (bzw. Ausbildungsstätte). Der Mittelwert betrug dabei 20,3 km, die Angaben schwankten zwischen 1,5 und 150 km bei einer Standardabweichung von 21,2 km.

Schließlich wurde nach dem höchsten erreichten Bildungsabschluß gefragt. Die überwiegende Mehrheit gab hierbei an, mindestens das Abitur oder die Fachhochschulreife zu besitzen. Mehr als die Hälfte der Befragten (52,3%) konnten einen Hochschulabschluß vorweisen. Hierzu kommen 35,5% der Befragten, die als höchsten Abschluß Abitur oder Fachhochschulreife angaben. Auf die mittlere Reife entfielen 9,3%. Auf die Rubrik Volksschul- oder Hauptschulabschluß entfielen schließlich noch 2,8%.

Werden die Variablen Bildungsabschluß und Alter gemeinsam betrachtet, so fallen etwa drei Viertel der UmfrageteilnehmerInnen in das Feld bis 40 Jahre, hohes Bildungsniveau. Nach Gerhard Schulze (1992) entspricht dies (bei einem entsprechenden Lebensstil - hier nicht direkt untersucht) der Kategorie des Selbstverwirklichungsmilieu. Der Rest verteilt sich in dieser Reihenfolge auf die weiteren Milieus aus Schulzes Modell: Niveaumilieu (14%), Spannungsmilieu (etwa 10%) und Integrationsmilieu (2%).

3. Die Frage nach der Repräsentativität

Viele der UmfrageteilnehmerInnen äußerten Bedenken, daß die Umfrage nicht repräsentativ sei. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung ist diesen Bedenken klar zuzustimmen. Die sozialstrukturellen Ergebnisse zeigen deutlich, daß die befragte Stichprobe auf keinen Fall repräsentativ für die Gesamtbevölkerung ist (vgl. Datenreport 1997): Der Frauenanteil ist - typisch Internet - sehr gering. Das Bildungsniveau dagegen liegt im Vergleich zur Gesamtbevölkerung extrem hoch (mehr als die Hälfte der Befragten hat einen Uni- oder Fachhochschulabschluß, in der Gesamtbevölkerung ist es etwa ein Achtel!).

Allerdings bin ich auch nicht davon ausgegangen, mit einer Befragung in Datennetzen ein repräsentatives Bild für die Gesamtbevölkerung zu erreichen. Einerseits wollte ich über den Umweg Newsgroups Menschen mit deutlich unterschiedlicher Einbindung in das Verkehrssystem erreichen, um im Rahmen einer Kontraststudie grundlegende Unterschiede zwischen der Mobilität und Verkehrswahrnehmung von Menschen herauszuarbeiten, die den Umweltverbund aus Rad, Bus und Bahn nutzen bzw. die im motorisierten Individualverkehr in das Verkehrssystem eingebunden sind, um so Wirkungsweisen und Mechanismen der unterschiedlichen Verkehrseinbindungen zu untersuchen. Weitere Ergebnisse hierzu erhält die eigentliche Hausarbeit.

Andererseits vermute ich, daß die erzielten Ergebnisse tendenziell gültig für die privaten NutzerInnen elektronischer Datennetze sind und vielleicht teilweise auch auf (den männlichen Teil) des Selbstverwirklichungsmilieus übertragen werden können. Dieses gilt natürlich nicht für den ganz speziell untersuchten Bereich 'Strasse und Verkehr', da hier absichtlich Diskussionsforen gewählt wurden, durch die Menschen mit Interesse an diesen Themen erreicht werden. Die auch gestellten, allgemeinen Fragen zum Lebensstil und zur Freizeitgestaltung sollten allerdings übertragbar sein.

Anhaltspunkte hierfür liefern die von anderen Quellen ermittelten demographischen Daten der Netznutzung. So weist die vierte WWW-Umfrage W3B (W3B 1997), an der über 16.000 WWW-NutzerInnen teilgenommen haben, ganz ähnliche Ergebnisse auf, wie ich sie erhalten habe: Einen Frauenanteil von etwa 10%, ein Durchschnittsalter von 32 Jahren, und über 70% mit Abitur als Schulabschluß. Auch Thomas Wetzstein und Hermann Dahm (1996) kommen in einer empirischen Untersuchung von etwa fünfhundert NetznutzerInnen zum Schluß, daß die Merkmale Alter mit Modalwert zwischen zwanzig und dreißig (hier: 29 Jahre), Geschlecht überwiegend männlich und durchgängig hoher Bildungsstand sowie die Dominanz des Selbstverwirklichungsmilieus typisch sind. Die von mir Befragten entsprechend also recht genau dem in anderen Umfragen gefundenen Bild des Netznutzers.

4. Auf das Thema Verkehr und Strasse bezogene Fragen

Ein großer Teil des Fragebogens untersuchte den Komplex 'Verkehr und Strasse'. Bei den im folgenden wiedergegebenen Ergebnissen muß jedoch berücksichtigt werden, daß der Fragebogen über Diskussionsforen verbreitet wurde, die speziell mit dem Thema Verkehr in verschiedenen Facetten (Radfahren, Motorradfahren, Vekehr generell, Umweltfragen) zu tun hatten und nicht zum Ziel hatte, das Verkehrsverhalten der Internet-NutzerInnen bzw. der Gesamtbevölkerung zu untersuchen.

Als Assoziationen zum Begriff 'Strasse' wurden in dieser Reihenfolge am häufigsten die Begriffe Auto(s), Verkehr, Stau, Asphalt und Lärm genannt. Eine weitere Auswertung dieser Frage konnte zum jetzigen Zeitpunkt (5.8.97) noch nicht erfolgen.

87,3% der Antwortenden - also etwa neun von zehn Personen - besitzt einen Führerschein. Etwa jede dritte Person gab ab, ein eigenes Auto zu besitzen. Insgesamt können jedoch drei Viertel der Befragten bei Bedarf auf ein Auto zugreifen (über die Familie, Car-Sharing, Bekannte und ähnliche Gegebenheiten). Etwa die Hälfte der Befragten besitzt eine BahnCard oder ein vergleichbares Angebot der Deutschen Bahn AG (47,3%). Netzkarten für den öffentlichen Nahverkehr sind dagegen wenig verbreitet (32,7%).

Das meistgenutzte Verkehrsmittel war mit 54,5% das Fahrrad, gefolgt vom Auto (15,5%) und vom motorisierten Zweirad (10,0%). Beim am zweithäufigsten genutzen Verkehrsmittel ergab sich die Reihenfolge 'zu Fuß' (31,7%) - Fahrrad (17,3%) - Auto (14,4%), und als dritthäufigstes Verkehrsmittel wurde schließlich zuerst Fußgehen (23,0%), dann die Eisenbahn (21,0%) und an dritter Stelle der öffentliche Nahverkehr (17,9%) genannt. (Vgl. Tabelle 1)

zu Fuß Fahrrad mot. Zweirad Auto (Fahr.) Auto (Mitf.) ÖPNV Eisenbahn
% % % % % % %
häufigstes Verkehrsmittel 8,2% 54,5% 10,0% 15,5% 0,9% 6,4% 4,5%
zweithäufigstesVerkehrsmittel 31,7% 17,3% 5,8% 14,4% 6,7% 12,5% 11,5%
dritthäufigstes Verkehrsmittel 23,0% 11,0% 2,0% 14,0% 12,0% 17,0% 21,0%
Tabelle 1. Welches Verkehrsmittel wird am meisten genutzt? (1./2./3. Rang)

Ich habe es als automobile Inklusion in das Verkehrssystem bezeichnet, wenn das häufigste oder zweithäufigste Verkehrsmittel das Auto oder das Motorrad waren. Dies trifft für 43% der Befragten zu. Für die meisten der Befragten (71%) war das am häufigsten genannte Verkehrsmittel auch das Lieblingsverkehrsmittel. Die hier genannten Alternativen wurden ebenso wie die Beweggründe für die Nutzung der Verkehrsmittel noch nicht näher ausgewertet. Häufig genannte Gründe für die jeweilige Wahl waren jedenfalls Spaß, Bequemheit, Schnelligkeit sowie Sport.

Genau die Hälfte der Befragten legte mehrmals im Monat oder häufiger Strecken über 100 km zurück (dabei wurde 'mehrmals im Monat' am häufigsten genannt); die andere Hälfte gab überwiegend die Antwort 'alle paar Monate' auf die Frage, wie oft Strecken über 100 km zurückgelegt werden. Als Anlaß für Fahrten bis 100 km wurde am häufigsten Arbeit, Einkaufen (den Vorgaben entsprechend) und Freizeit genannt. Bei Strecken über 100 km waren die häufigsten Anlässe Urlaub sowie Verwandten- und Bekanntenbesuche.

Weiterhin wurde nach der Bewertung von verschiedenen Aussagen aus dem Verkehrsbereich gefragt. Die TeilnehmerInnen konnten dabei in fünf Stufen zwischen 'stimme zu' und 'stimme nicht zu' entscheiden. Bei der Auswertung wurden diese Angaben mit Werten von 2 (starke Zustimmung) bis -2 (starke Ablehnung) kodiert. Die folgende Tabelle gibt jeweils den arithmetischen Mittelwert und den Modalwert (welche Kategorie wurde am häufigsten genannt?) für die sechs abgefragten Aussagen an.

Mittelwert Modalwert
7a Freie Fahrt für freie Bürger -1,02 starke Ablehnung (55,1%)
7b Radfahrer sind Verkehrsrowdys -0,99 starke Ablehnung (36,8%)
7c Wir brauchen eine neue Kultur der Langsamkeit +0,17 Zustimmung (25,9%)
7d Straßenmusik und Verkaufsstände beleben das Stadtbild +1,29 starke Zustimmung (50,5%)
7e Das Auto ist heute unverzichtbar -0,20 Ablehnung (29,2%)
7f Fußgänger gehören auf die Bürgersteige, Radfahrer auf die Radwege und Autos auf die Straße -0,38 starke Ablehnung (37%)
Tabelle 2. Bewertung einiger Aussagen zum Themenbereich Verkehr

Schließlich wurden die TeilnehmerInnen noch gebeten, fünf verschiedene vorgegebene Strassentypen in eine Rangordnung nach der für sie typischten Strasse zu bringen. Dabei landete die Landstrasse knapp vor der städtischen Hauptstrasse, gefolgt von der Autobahn, der Spielstrasse im Wohngebiet und fast einhellig auf dem letzten Platz der Fußgängerzone.

Werden die Befragten nach dem Kriterium der Einbindung in das Verkehrssystem in zwei Gruppen geteilt, so nehmen Autobesitz und Autozugriff erwartungsgemäß bei den automobil Inkludierten stark zu, während der Besitz an BahnCards und Netzkarten abnimmt. Bei denjenigen, die sich vorrangig per Fahrrad, zu Fuß, mit dem Zug oder dem ÖPNV bewegen, ist es ebenfalls erwartungsgemäß genau andersrum. Ähnliches zeigt sich bei der Häufigkeit von Strecken über 100 km (zwei Drittel der automobil Inkludierten legen mehrmals im Monat derartige Strecken zurück, während dies nur bei einem Drittel der NutzerInnen des Umweltverbundes der Fall ist) und bei den Aussagen zum Verkehr (7a, 7e und 7f werden von automobil in das Verkehrssystem Eingebundenen deutlich positiver bewertet, während 7c deutlich negativer bewertet wird).

5. "Was hat die Frage nach dem Religionsunterricht hier zu suchen?"

Weitere Fragen im Fragebogen befaßten sich mit Lebensstil und Milieu der NetznutzerInnen. Diese Fragen stießen häufig auf Verwunderung, Unverständnis und Kritik und wurden relativ oft weggelassen (N schwankt hier zwischen 103 und 107). In dieser bloßen deskriptiven Wiedergabe wirken diese Fragen tatsächlich eher wie Fremdkörper - ihren Sinn liegt darin, in der eigentlichen Hausarbeit zu testen, ob Unterschiede in der Wahrnehmung des Verkehrssystem und in der Mobilität vielleicht eher in bestimmten Lebensstilen und Gesamthaltungen (die wiederum aus diesen Fragen konstruiert werden können) begründet sind als in der Art der Einbindung in das Verkehrssystem. Trotzdem hier einige Ergebnisse:

Die Sonntagsfrage ("Welche Partei würdest Du wählen, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre?") wurde von fast einem Drittel der TeilnehmerInnen nicht beantwortet. Bei den gegebenen Antworten enfallen 51% auf die Grünen [!], 18% auf die SPD, 10% auf offensichtlich unsinnige Angaben, 'keine' oder "rechte Protestwahl", 9% auf die PDS, und je 5% auf sonstige eher im linken Spektrum einzuordnene Parteien und auf die CDU/CSU. Werden diese in ein "linkes" (Grüne, PDS, linke Kleinparteien, etwa zwei Drittel der vorliegenden Antworten) und ein "rechtes" (SPD, CDU/CSU, Nichtwahl, Protestwahl, etwa ein Drittel der Antworten) Lager eingeordnet, und wird dieses mit der automobilen Inklusion in Beziehung gesetzt, so ergibt sich ein signifikanter Zusammenhang. (Wobei natürlich die Benennungen "rechts" und "links" hier nur eine sehr geringe Aussagekraft haben)

Weiter wurde nach 19 verschiedenen Freizeitbeschäftigungen gefragt (zurecht wurde von einigen angemerkt, daß Hausarbeit ja wohl eigentlich keine Freizeitbeschäftigung sei). Am häufigsten genannt wurden die Nutzung von Datennetzen (80% Zustimmung), das Zusammensein mit FreundInnen (71%), Faulenzen (48%), der Besuch von Kneipen (45%), Kino und Sport (je 44%), Fernsehen (44%), die Weiterbildung (41%), das Zusammensein mit der Familie (35%), Reisen (34%) und (erstaunlicherweise) die Haus- und Gartenarbeit (32%). Am seltensten genutzt werden Theater und Angebote der Alternativen Kulturszene (je 11%), Kunstaustellungen (10%) und Diskotheken (6%).

Nur relativ wenige der Befragten sind fest organisiert. 38% arbeiten in Bürgerinitiativen und politischen Gruppen mit, 37% in Vereinen, die aber keine Musik- und Sportvereine sind, 18% in Parteien oder Gewerkschaften und 26% in Musik- und Sportvereinen. Werden diese Ergebnisse allerdings im Vergleich zur Gesamtgesellschaft gesehen, so handelt es sich hier um überdurchschnittlich hohe Teilnahme an Parteien, Bürgerinitiativen und Gewerkschaften und eher unterdurchschnittliche Teilnahmezahlen für Musik- und Sportvereine. Auch dieses paßt gut zur Vermutung, daß in der Umfrage vor allem Mitglieder der Selbstverwirklichungsmilieus erreicht wurden. (vgl. Abschnitt 2./3.).

Auch in Frage 9 wurden wie in Frage 7 verschiedene Aussagen zur Beurteilung vorgelegt und auch hier mit -2 (starke Ablehnung) bis +2 (starke Zustimmung) kodiert. Eine Übersicht über die einzelnen Aussagen zeigt Tabelle 3. Auch hier wieder kann bei einigen Fragen ein Zusammenhang mit der automobilen Inklusion gesehen werden: 9d und 9g werden im Falle automobiler Einbindung in das Verkehrssystem positiver bewertet, 9c, 9e und 9f negativer als bei den NutzerInnen des Umweltverbundes. Zugleich fällt die Bewertung von 9d sehr viel positiver aus, wenn bei der Sonntagsfrage eine "rechte" Partei angegeben wurde.

Mittelwert Modalwert
9a Manchmal denke ich, früher war alles besser -0,71 Ablehnung (36,2%)
9b Im Beruf will ich auch etwas zu sagen haben +1,01 starke Zustimmung (43,4%)
9c Ich würde eigentlich gerne ganz anders leben -0,30 Ablehnung (33,0%)
9d Die Jugend braucht verbindliche Werte +0,30 Zustimmung (32,0%)
9e Mein Leben will ich lieber in der Gegenwart geniessen als langfristig zu planen. -0,02 Ablehnung (35,8%)
9f Der Religionsunterricht ist wichtiger Bestandteil der Erziehung -0,98 starke Ablehnung (47,2%)
9g Alles im Leben hat seinen Sinn -0,40 Ablehnung (30,8%)
9h Ich lerne gerne neue Leute kennen +1,08 Zustimmung (43,4%)
Tabelle 3. Einige Fragen des Lebensstils

6. Fazit der Kurzauswertung

Ein erster Blick auf die Daten läßt erkennen, daß die in der Umfrage erreichten NutzerInnen von Datennetzen einem von außen gesehen recht einheitlichem Bild "jung, männlich, und in diesem Fall: grün-alternativ" entsprechen. Trotz dieser Ausgangsbedingungen deuten sich auch hier deutliche interne Unterschiede zwischen automobil (über den PKW oder ein Motorrad) ins Verkehrssystem eingebundenen und per Umweltverbund eingebundenen Personen an. Ziel der spätestens ab Oktober 1997 im WWW abrufbaren eigentlichen Hausarbeit soll es sein, diese Unterschiede quantifizierbar zu machen und ihre Wirkungen und mögliche ursächliche Faktoren herauszuarbeiten.

"Nebenbei" gibt die Untersuchung Auskunft über harte und weiche demographische Daten der NutzerInnen der befragten Diskussionsforen. So erscheinen z.B. Internet und Mailboxnetze noch immer als männlich domiert (einzig die beiden befragten /CL-Gruppen cl/verkehr/allgemein bzw. cl/verkehr/diskussion fallen hier mit einem Verhältnis von zusammen 6 Frauen zu 8 Männern positiv heraus). Diskussionen über den gesellschaftlichen Nutzen der Netze steht nicht nur die männliche Dominanz, sondern auch die Dominanz des Selbstverwirklichungsmilieus entgegen. Auch breiter angelegte Untersuchungen scheinen diese Nebenergebnisse zu bestätigen. Ob von der Netzkultur als gegenwärtiger tendenzieller Elitenkultur geredet werden kann (Wetzstein und Dahm 1996), mag angesichts der dort diskutierten Inhalte häufig bezweifelt werden. Die sozialstrukturellen Daten deuten jedenfalls in diese Richtung.

Literaturangaben

Schulze, Gerhard 1992
Erlebnisgesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart. Frankfurt am Main. 5. Aufl. 1995 [1992].
W3B 1997
Susanne Fittkau und Holger Maaß: Ergebniszusammenfassung der W3B-Umfrage April/Mai 1997. http://www.w3b.de/.
Wetzstein, Thomas und Dahm, Hermann 1996
"Die Nutzer von Computernetzen - eine Typologie"; in: Martin Rost (Hrsg.): Die Netzrevolution. Auf dem Weg in die Weltgesellschaft. Frankfurt am Main: Eichborn; S. 37-50.

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