Die Kapitel dieser »Future History« spielen abwechselnd ca. 50 Jahre in der Zukunft und in einer ferneren Zukunft auf dem Planeten »Nova Terra«, der um »Nova Sol« kreist. Hauptperson im »gegenwartsnahen« Erzählstrang ist Matt Cairns, freiberuflicher Systemmanager und Analyst (»Künstler, nicht Technik«) in Schottland und Mitglied der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft der Informationsarbeiter. Hauptperson des »fernen« Erzählstrangs ist George Cairns, Biologiestudent und Enkel des James Cairns, der den Posten des Navigators im jahrtausende alten Schloss »Cosmonaut Keep« innehat. Beide Erzählstränge sind verbunden durch das Schiff »Bright Star«, das seit einigen Generationen nutzlos um Nova Terra kreist, sowie durch die sicherlich nicht zufällige Ähnlichkeit, dass sich die beiden Cairns jeweils zwischen zwei Frauen wiederfinden, mit denen sie relativ komplizierte Arbeits- und Liebensbeziehungen haben.
Es nimmt dem Buch nichts an Spannung, wenn verraten wird, dass die »Bright Star« einst als Raumschiff »Marshall Titov« der sozialistischen Europäischen Union um die Erde kreiste. Das gegenwartsnahe Szenario ist dabei typisch MacLeod: auf der einen Seite ein euro-russischer Block, die sozialistische EU, auf der anderen Seite die USA, beide unsympathisch. Als die vor allem wissenschaftliche Besatzung des ESA-Schiffs »Marshall Titov« Kontakt mit außerirdischem Leben in unserem Sonnensystem aufnimmt, liegt es deswegen nahe, sich von beiden Blöcken für unabhängig zu erklären, statt die bahnbrechenden technischen Erkenntnisse (u.a. schnelle Verfahren zur Primzahlfakturierung, aber noch viel mehr) einem Block zur Verfügung zu stellen. Matt Cairns wird in diese Revolution miteinbezogen.
Neben den zwischen zwei Liebenden stehenden Hauptpersonen gibt es eine weitere augenfällige Gemeinsamkeit beider Erzählstränge: der Kontakt mit außerirdischem Leben. Auf Nova Terra koexistieren Menschen - die Nachfahren der Schiffsbesatzung, aber auch andere - und intelligente Saurier mit einer hochentwickelten Biotechnologie, beide ursprünglich von der Erde. Im Himmel und zwischen den Sternen fliegen Kraken mit erstaunlichen Fähigkeiten, die einzigen, die Sternenschiffe navigieren können.
Und dann geht es nicht zuletzt in beiden Ebenen des Buches um ein gemeinsames Motiv: trotz politischer und ideologischer Widrigkeiten zu den Sternen zu fliegen!
Letztlich ist Cosmonaut Keep ein Buch, das nicht so ganz in vorgefasste Kategorien passt. Aber auch das ist irgendwie typisch für MacLeod. Mit ziemlich viel Witz nimmt er (zumindest im gegenwartsnahen Erzählstrang) aktuelle Entwicklungen auf (so tauchen zum Beispiel altgewordene Geeks auf ...), wirft eine gehörige Prise trübe gewordener Revolutionsromantik hinein und mischt diese mit Elementen des Spionageromans und der Space Opera. Die Mischung ist durchaus ungewöhnlich (wo tauchen in einem Buch gleichzeitig hochintelligente und friedfertige Saurier, Geheimdienstverwicklungen, Softwaretechnik und möglicherweise schwule Raumschiffkommandanten auf?), schmeckt aber nach etwas Gewöhnungszeit durchaus. Der Schluss ist etwas abrupt, und manchmal sind die Fäden, an denen die Plotkonsistenz hängt, arg auffällig, aber insgesamt fand ich »Cosmonaut Keep« lesbarer, spannender und unterhaltsamer als die Bücher aus MacLeods erstem Romanzyklus (The Fall Revolution) und werde mir den Nachfolgeband Dark Light auf jeden Fall mal auf meinen Wunschzettel setzen.